COVID-19-Impfstoffe werden weltweit verteilt, aber Milliarden von Menschen in Ländern mit niedrigem Einkommen – einschließlich der Länder, die von Krisen betroffen sind – werden in diesem Jahr und möglicherweise noch in den kommenden Jahren keinen Zugang zum Impfstoff haben. 

Auf einen Blick:

COVAX – die globale Initiative zur Gewährleistung eines gleichberechtigten Zugangs zu COVID-19-Impfstoffen für alle Länder – erwartet, dass der Impfstoff im Jahr 2021 höchstens 20 % der Bevölkerung in Ländern mit niedrigem und mittlerem Einkommen erreichen wird. Realistisch gesehen wird diese Zahl noch viel niedriger sein. Das ist nicht akzeptabel.

Während wohlhabende Länder wie die Vereinigten Staaten und Deutschland die Mittel haben, für den Impfstoff zu bezahlen, muss auch klar sein, dass die Pandemie nur beendet werden kann, wenn Menschen auf der ganzen Welt geimpft sind.

Besonders gefährdete Menschen, die in konfliktbetroffenen Ländern leben, sind von dieser Krise am stärksten betroffen. Schon vor der Pandemie mussten sie viele Herausforderungen überstehen: von lebensbedrohlicher Gewalt bis hin zu überfüllten Flüchtlingslagern, schlechten Hygienebedingungen und schwachen Gesundheitssystemen. Viele dieser Länder mit geringem Einkommen werden es sich nicht leisten können, Impfstoffe für ihre Bevölkerung zu kaufen. Unterdessen bestellen Länder mit hohem Einkommen mehr Impfstoffdosen, als sie benötigen.

„Die Herausforderung besteht darin, dass es aufgrund des begrenzten Angebots noch lange dauern wird, bis COVID-19-Impfstoffe einkommensschwachen Ländern zur Verfügung gestellt werden und einen signifikanten Einfluss auf die Verlangsamung oder Kontrolle der Pandemie haben können“, sagte Mesfin Teklu Tessema, Senior Gesundheitsdirektor von IRC. „Das besorgt uns.“ 

Der fünfjährige Murad aus Syrien desinfiziert seine Hände.
Die Familie des fünfjährigen Murad* ergreift vorbeugende Maßnahmen gegen das Coronavirus. Murads Mutter Hamida näht Masken, um Familien wie ihre, die durch den Krieg in Syrien vertriebenen wurden, zu schützen.
Foto: Abdullah Hammam/IRC

Was getan werden muss 

Impfstoffe müssen sowohl in Ländern mit hohem als auch in Ländern mit niedrigem Einkommen zur Verfügung gestellt werden, auch für schutzbedürftige Gemeinschaften wie Geflüchtete und Vertriebene.  
Länder mit hohem Einkommen sollten die Lieferketten des Impfstoffes so sicher machen, dass sie immer noch wirksam sind, wenn sie in andere Länder geliefert wurden. Sie müssen Länder unterstützen, denen die Infrastruktur fehlt, um Impfstoffe richtig zu lagern.

Neben der Vorbereitung der COVID-19-Impfungen sollten Länder weiterhin Routineimpfungen anbieten und angemessene Hygienemethoden fördern, um die Ausbreitung anderer Krankheiten und Krankheiten zu verhindern. 

Eine Frau schiebt einen Kinderwagen mit ihrer Tochter durch ein Flüchtlingslager in Griechenland.
Die Menschen in konfliktbetroffenen Ländern sind am stärksten von der COVID-19-Krise betroffen. IRC setzt sich für eine Verteilung von Impfstoffen ein, die schutzbedürftige Gemeinschaften wie Geflüchtete einbezieht.
Foto: Louisa Gouliamaki/IRC


„Der Impfstoff ist eine Maßnahme, die uns zur Bekämpfung dieser Pandemie zur Verfügung steht. Er ist nicht die Einzige“, sagt Dr. Tessema. „Es gibt andere Dinge, die zur Prävention beitragen, so wie Händewaschen, Masken tragen, Abstand halten und zu Hause bleiben, wenn man krank ist. Wir sollten diese Verhaltensweisen weiterhin praktizieren, um sicherzustellen, dass es keine unkontrollierte Ausbreitung der Pandemie gibt.“

Neue, infektiöse COVID-19-Mutationen

Ein Jahr nach dem die Weltgesundheitsorganisation die Krankheit zu einem internationalen Gesundheitsnotstand erklärt hat, breiten sich in Konflikt- und Flüchtlingsländern wie Libanon,  Jordanien,  Mexiko,  Nigeria,  Kenia,  Tansania,  Pakistan und Griechenland weitere infektiöse COVID-19-Mutationen aus. Auch in Simbabwe und der Demokratischen Republik Kongo gibt es Anzeichen für neue Varianten.

„Die Welt sollte sich große Sorgen darüber machen, dass sich diese neuen Mutationen in konfliktbetroffenen Ländern ausbreiten“, sagte Dr. Stacey Mearns, Technische Beraterin für Notfallmedizin bei IRC. „Da sie ansteckender sind, beobachten wir schon jetzt einen dramatischen Anstieg der Fälle, der die Gesundheitssysteme noch stärker belasten wird – wahrscheinlich über ihre Kapazitäten hinaus. Darüber hinaus bedeutet eine höhere Übertragung, dass es Potenzial für weitere Mutationen gibt und mehr Varianten entstehen. Es ist wichtig, dass alle Menschen auf der ganzen Welt, auch die Schwächsten, geimpft werden.“

Was IRC fordert

IRC fordert Länder mit hohem Einkommen auf, in COVAX zu investieren. So können sie Länder unterstützen, die nicht in der Lage sind, Impfstoffdosen selbst zu kaufen.

„Diese Länder haben mehr Impfdosen für ihre gesamte Bevölkerung gekauft, als sie benötigen“, sagte Dr. Tessema. „Wir ermutigen sie, ihre überschüssigen Impfstoffe mit COVAX zu teilen, damit Länder mit niedrigem Einkommen zur gleichen Zeit auf Impfstoff zugreifen können.“

Zudem sollten Länder mit hohem Einkommen auch COVID-19-bezogene Technologien teilen, damit Andere mit der Herstellung von Impfstoffen in ihren eigenen Einrichtungen beginnen können. Die Entwicklung von Impfstoffen außerhalb von Pharmaunternehmen kann die Geschwindigkeit und das Ausmaß ihrer Verfügbarkeit erhöhen.

Syrische Krankenschwester und Freiwillige Mariam trägt medizinische Hilfsgüter aus einem Gebäude, während sie mit einer anderen Frau vor der Tür spricht
Mariam*, eine syrische Krankenschwester und Geflüchtete, die jetzt in Libanon lebt, engagiert sich ehrenamtlich bei IRC. Sie erklärt Kindern, Jugendlichen und älteren, wie sie sich vor COVID-19 schützen können.

Foto: Elias El Beam/IRC

Die Regierungen von Ländern mit niedrigem Einkommen und von Ländern, die Geflüchtete aufnehmen, sollten ihre Impfstoffe schutzbedürftigen Bevölkerungsgruppen innerhalb ihrer Grenzen zur Verfügung zu stellen.

„Wir müssen sicherstellen, dass die Menschen, die wir unterstützen, in die nationalen Impfpläne einbezogen werden“, sagte Dr. Tessema. „Als Jordanien zum Beispiel anfing, seine Bevölkerung zu impfen, gehörten dazu auch Geflüchtete, von denen viele aus Syrien kamen. Das ist die Art von Hilfe, die wir brauchen.“

Im Rahmen dieser Bemühungen fordert IRC die Biden-Administration auf, 20 Milliarden US-Dollar für den weltweiten Kampf gegen COVID-19 aufzuwenden.

Wie IRC im Kampf gegen COVID-19 hilft

IRC verstärkt seinen Einsatz zur Eindämmung der Coronavirus-Pandemie und bietet lebensrettende Programme für schutzbedürftige Gemeinschaften in über 40 Ländern auf der ganzen Welt an. Dazu gehören die Bereitstellung wesentlicher Gesundheitsdienste für Geflüchtete, der Austausch wichtiger Informationen über Hygiene, Händewaschen und Selbstisolierung, die Schulung von Gesundheitspersonal und die Bereitstellung wichtiger Schutzausrüstung für die Helfer*innen.

Ein Junge wäscht sich die Hände an einer IRC-Handwaschstation.
Im Rahmen unserer COVID-19-Reaktion im ländlichen Uganda zeigt IRC, wie man selbstgebaute Handwaschstationen mit leicht verfügbaren Materialien aufbaut und ermutigt die Menschen, dieses Wissen weiterzugeben.
Foto: Geoffrey Baluku Kisunzu/IRC

Wir bauen auch aktiv Partnerschaften mit Organisationen wie COVAX auf, um Ländern bei der Vorbereitung auf die Einführung von COVID-19-Impfstoffen zu helfen. Zum Beispiel arbeiten wir mit „Gavi – The Vaccine Alliance“ zusammen, um uns für einen gleichberechtigten Zugang zu Impfstoffen einzusetzen – auch für Bevölkerungsgruppen, die von einer Krise betroffen sind.

„Gavi wurde geschaffen, um Impfstoffe für Länder mit niedrigem Einkommen verfügbar zu machen“, sagt Dr. Tessema. „Sie schauen, wie hoch die Nachfrage ist und verhandeln mit Impfstofflieferanten, um ein besseres Angebot bekommen.“

Sobald die Impfstoffe verfügbar sind, werden wir sie über das Netzwerk von Gesundheitsämtern in den Ländern, in denen wir arbeiten, verteilen. So planen wir, einen gleichberechtigten Zugang zu lebensrettender Versorgung für alle zu gewährleisten.

 

*Nachnamen zum Schutz der Privatsphäre ausgelassen