International Rescue Committee (IRC) erlebt die Hungerkrise in Afghanistan aus erster Hand. Fast alle Patient*innen, die in den letzten Wochen von IRC betriebene Kliniken aufgesucht haben, waren Frauen mit unterernährten Kindern. Fast die Hälfte der afghanischen Bevölkerung, knapp 23 Millionen Menschen, ist von Hunger bedroht. Ohne sofortige lebensrettende Hilfe stehen eine Million Kinder vor dem Hungertod. IRC ist besonders besorgt, dass immer mehr Patient*innen in den Kliniken an schwerer akuter Unterernährung (Severe Acute Malnutrition, SAM) leiden, der extremsten und gefährlichsten Form der Unterernährung.

Inmitten der Hungersnot ist Afghanistan mit dem doppelten Kollaps von Gesundheitssystem und Wirtschaft konfrontiert. Durch die eingestellte Entwicklungshilfe ist die Unterstützung für öffentliche Gesundheitsdienste versiegt und die Gesundheitsversorgung steht vor dem Zusammenbruch. Jüngste Analysen von IRC zeigen, dass 60 Prozent der untersuchten Kliniken nicht in der Lage sind, Unterernährung zu behandeln. IRC unterstützt derzeit 62 Kliniken in Afghanistan und baut humanitäre Hilfsprogramme weiter aus.

Durch die kollabierende Wirtschaft und die Liquiditätskrise sind die Lebensmittelpreise zudem in die Höhe geschossen. Familien können sich die notwendigsten Nahrungsmittel zum Überleben nicht mehr leisten.

David Miliband, CEO und Präsident des International Rescue Committee, sagt:

„Seit dem Fall von Kabul hat die internationale Gemeinschaft auf den militärischen Rückzug mit wirtschaftlichem Stillstand reagiert. Das Einstellen von Entwicklungszahlungen an die Regierung, das Einfrieren von Vermögenswerten und die Ungewissheit über Sanktionen haben die Wirtschaft in eine Abwärtsspirale gebracht. Das Ergebnis ist eine vorhersehbare und vermeidbare humanitäre Katastrophe. Dies ist globales Systemversagen im Eiltempo.“

„Humanitäre Maßnahmen sind jetzt mehr denn je erforderlich. Finanzielle Mittel müssen unverzüglich den humanitären Organisationen zur Verfügung gestellt werden, die mit zusätzlichen Gesundheits- und Ernährungsprogrammen vor Ort Leben retten. Aber auch das allein reicht nicht aus. Humanitäre Hilfe kann weder die Gehälter im öffentlichen Sektor Afghanistans noch eine intakte Wirtschaft ersetzen. Das afghanische Volk braucht funktionierende Banken und Märkte, um zu überleben.“