Der Bedarf an humanitärer Hilfe in Ländern wie Afghanistan, Jemen, Syrien und Somalia könnte steigen, wenn die weltweiten Getreideexporte unterbrochen werden, die Lebensmittel- und Kraftstoffpreise steigen und die ganze Aufmerksamkeit auf die Ukraine gelenkt wird.

Erfahre mehr über die globalen Auswirkungen des Krieges in diesem Artikel. 

Unterbrechung der weltweiten Getreideexporte  

Da der Krieg in der Ukraine die weltweiten Getreidelieferungen reduziert in den Ländern, wird sich die Situation drastisch verschlechtern. 

Der Konflikt hat die Getreideproduktion unterbrochen. Das hat katastrophale Auswirkungen auf Länder, die stark von Getreideimporten aus der Ukraine abhängig sind, haben wird. Dazu gehören Länder in Ostafrika – darunter Somalia, Äthiopien und Kenia – die 90 % ihres importierten Weizens aus Russland und der Ukraine beziehen. Diese drei Länder haben bereits mit der schlimmsten Dürre seit Jahrzehnten zu kämpfen. 

Ein Kind wird auf dem Schoß seiner Mutter untersucht im Arif Gesundheitszentrum in Somalia.
Angesichts der anhaltenden Dürre, werden bis Juni 2022 voraussichtlich mindestens 4 Millionen Somalier*innen von einer Hungersnot betroffen sein. Die Unterbrechung der Getreideeinfuhren aus der Ukraine wird den Bedarf an humanitärer Hilfe in Ostafrika weiter erhöhen.
Foto: Harrison Thane/IRC

 

„Vier aufeinanderfolgende Saisons ohne ausreichen Niederschlag haben die Ernten ernsthaft beeinträchtigt. Millionen von Menschen in Ostafrika sind für ihren Lebensunterhalt auf diese angewiesen", macht Bob Kitchen, Vizepräsident für Notfälle beim International Rescue Committee (IRC) klar.  

Mindestens 4 Millionen Somalier*innen werden bis Juni dieses Jahres mit einer Hungersnot konfrontiert sein. Zusammen mit den Ernteausfällen werden die Unterbrechungen der Importe aus der Ukraine den Bedarf an humanitärer Hilfe in ganz Ostafrika weiter erhöhen. 

Gleichzeitig sieht sich auch der Jemen, in dem nach mehr als sieben Jahren Krieg über 20 Millionen Menschen auf Unterstützung angewiesen sind, einer wachsenden Hungerkrise gegenüber. Etwas mehr als ein Fünftel seines Weizenverbrauchs deckt das Land mit Importen aus der Ukraine und Russland. 

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Steigende Kraftstoff- und Lebensmittelpreise  

Der anhaltende Krieg treibt die Treibstoffkosten in die Höhe, was wiederum die Kosten für den Transport von Lebensmitteln zu den Märkten erhöht. Auch in Deutschland sind die Spritpreise gestiegen und Verbraucher*innen merken beim Einkaufen im Supermarkt einen Unterschied auf der Rechnung. Die Preiserhöhungen werden an die Menschen weitergegeben. Dies ist jedoch vor allem ein Problem in den Ländern, in denen die Menschen schon ohnehin Schwierigkeiten haben, genügend Lebensmittel für ihre Familien zu kaufen. 

Der weltweite Lebensmittelpreisindex der Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen hat ein Rekordhoch erreicht, was teilweise auf den Krieg in der Ukraine zurückzuführen ist, jedoch auch mit Gründen auf Angebotsseite und mit der Produktion in anderen Ländern der Welt. 

Ein Mädchen hockt mit Kochutensilien vor einem Zelt, zwei Brüder stehen im Hintergrund.
In Afghanistan leidet schon jetzt mehr als die Hälfte der Bevölkerung unter extremem Hunger. Die Menschen dort sind stark von der Preissteigerungen und dem Rückgang des weltweiten Getreideangebots infolge des Krieges in der Ukraine betroffen.
Foto: Stefanie Glinski/IRC

 

Afghanistan, Jemen und die afrikanische Sahelzone, die direkt unter der Wüste Sahara liegt, sind alle von akuter Ernährungsunsicherheit betroffen und werden durch Preissteigerungen und weltweite Getreidekürzungen stark in Mitleidenschaft gezogen. 

Allein in der Sahelzone sind fast 30 Millionen Menschen auf dringende humanitäre Hilfe angewiesen. Diese Situation wird sich weiter verschlimmeren, da die Klimakrise, Konflikte und die COVID-19-Pandemie in der Region weiterhin verheerende Auswirkungen haben. 

Vergessen anderer Krisen 

Angesichts der fast 10 Millionen Menschen, die innerhalb der Ukraine und über die Grenzen vertrieben wurden, ist die internationale Aufmerksamkeit und Finanzierung, die der Krise gewidmet wird, gerechtfertigt und notwendig. Aber sie macht gleichzeitig deutlich, wo die Aufmerksamkeit und Finanzierung anderswo nachgelassen hat. 

Mann wird von einer Frau untersucht.
Auch im Jemen, wo seit mehr als sieben Jahren Krieg herrscht und mehr als 20 Millionen Menschen auf Hilfe angewiesen sind, wächst die Hungerkrise. Etwas mehr als ein Fünftel seines Weizenverbrauchs deckt das Land mit Lieferungen aus der Ukraine und Russland.
Foto: Will Swanson/IRC

 

In Afghanistan, wo mehr als die Hälfte der Bevölkerung unter extremem Hunger leidet, wurden nur 13 % des humanitären Hilfeplans von den Geberländern finanziert. In Jemen stehen nach der Geberkonferenz Anfang März weniger als 30 % der für die humanitäre Hilfe erforderlichen Mittel zur Verfügung. Syrien erhielt im letzten Jahr weniger als die Hälfte (46,5 %) der erforderlichen Mittel, obwohl der Krieg dort seit 11 Jahren andauert. 

Während sich die Aufmerksamkeit der Welt auf den anhaltenden Konflikt in der Ukraine richtet, ruft IRC die Staats- und Regierungschefs dazu auf, ihr Engagement für die Unterstützung der von Krisen betroffenen Menschen in aller Welt zu verstärken. Kitchen warnt: „Wenn die Geber*innen ihre Zusagen nicht erhöhen, werden wir weitere Kürzungen bei der wichtigen humanitären Hilfe erleben, die Menschenleben kosten werden."  

Was muss getan werden, um zu helfen? 

Menschen in Afghanistan, Jemen, Nigeria, Syrien und anderen Ländern, in denen sich die humanitären Bedürfnisse massiv verschlechtern, dürfen nicht zurückgelassen werden. 

Ein Baby liegt auf einer Liege und wird von einem Arzt untersucht.
Während sich die Aufmerksamkeit der Welt auf die Ukraine konzentriert, dürfen die Menschen in Afghanistan, Jemen, Nigeria, Syrien und anderen Ländern nicht zurückgelassen werden.
Foto: Kellie Ryan/IRC


Burkina Faso steht kurz vor der größten Hungerkrise der letzten 20 Jahre und diesen Sommer werden mehr als 40 Millionen Menschen humanitäre Hilfe, u.a. in Form von Lebensmitteln, benötigen. Darüber hinaus wurden 10 % der Bevölkerung innerhalb des Landes vertrieben und haben keinen Zugang zu sauberem Wasser.

Die Auswirkungen des Krieges in der Ukraine verschlimmern die Situation der Menschen dort nur noch mehr: durch Lebensmittelknappheit und -preiserhöhungen. Es muss so schnell wie möglich gehandelt werden, um Leben zu retten und eine langwierige Krise zu verhindern. 

Daher fordert IRC die Geberländer auf sich zu verpflichten, mindestens 50 % der gesamten internationalen Hilfe in fragile und konfliktbetroffene Staaten zu leiten. Auch sollten die Regierungen der Welt diplomatische Mittel einzusetzen, um politische Lösungen für Konflikte zu finden, die humanitäre Hilfe erfordern. 

Insbesondere möchte IRC Deutschlands G7-Präsidentschaft nutzen, um Partnerschaften und direktes Engagement mit politischen Akteur*innen aufzubauen. Damit möchte IRC Folgendes erreichen: 

Wie reagiert IRC auf den Krieg in der Ukraine und andere Notsituationen? 

IRC arbeitet mit Partner*innen in Polen zusammen, um über eine bestehende Hotline Informationsdienste bereitzustellen, Rechtsberatung und psychologische Unterstützung anzubieten und den Zugang zu Dienstleistungen – durch Sozialarbeiter*innen, Dolmetscher*innen und Kulturassistent*innen – für vertriebene Menschen zu erleichtern. Gemeinsam mit Partnern in der Ukraine bietet IRC auch Evakuierungsdienste an und unterstützt die aus ihren Häusern vertriebenen Menschen mit Bargeld und lebenswichtigen Gütern wie Decken, Schlafsäcken und warmer Kleidung. 

Erfahre mehr über die Krisenreaktion von IRC in der Ukraine und in Polen

Im Januar veröffentlichte IRC seine Emergency Watchlist, eine globale Liste der humanitären Krisen, die sich dieses Jahr voraussichtlich am stärksten verschärfen werden. Erfahre, wie IRC auf Krisen wie die in der Ukraine, reagiert

Wie kannst du helfen? 

Mit deiner Spende können wir Familien, deren Leben durch Konflikte in Ländern wie der Ukraine, Afghanistan, Syrien und dem Jemen zerstört wurden, mit Nahrungsmitteln, medizinischer Versorgung und Nothilfe unterstützen. 

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