International Rescue Committee (IRC) warnt vor der bitteren Realität für unbegleitete geflüchtete Kinder, die vor Konflikten und Krisen geflohen sind. Statistiken zeigen, dass 18.290 der Kinder, die zwischen 2018 und 2020 in Europa Erstunterstützung erhalten haben, aus der staatlichen Obhut verschwunden sind.

Der neue IRC-Bericht „A Chance for a Better Future: Suported independent living and the portection of unaccompanied children in Greece“ zeigt das wahre Ausmaß der Gefahren für unbegleitete minderjährige Geflüchtete und des fehlenden Sicherheitsnetzes nach ihrer Ankunft in Griechenland. Mehr als 37.000 unbegleitete Kinder, die vor Verfolgung und Gewalt in Ländern wie Afghanistan und Syrien geflohen sind, wurden seit 2016 in staatlichen Einrichtungen in Griechenland untergebracht. IRC warnt, dass die Sicherheit von Kindern durch unzureichende Unterbringung, fehlende Identifizierung und Registrierung sowie den Mangel an Betreuer*innen nicht gewährleistet ist. Für viele Kinder besteht die einzige Hoffnung auf wirkliche Zuflucht bei Familienmitgliedern, denen in Europa bereits der Flüchtlingsstatus zuerkannt wurde. Im vergangenen Jahr fielen jedoch 74 Prozent der Entscheidungen zur Familienzusammenführung negativ aus. Häufig wartet man bis zu zwei Jahre auf den Bescheid.

Garyfallia Tsiara, IRC Child Protection Manager in Griechenland, sagt:

„Unbegleitete Kinder, die in Europa ankommen, sind massiv gefährdet. Sie kommen ohne Eltern an, haben auf ihrer Reise unvorstellbares Trauma erlebt und sind den Gefahren von Menschenhandel, Gewalt und Missbrauch ausgesetzt. Seit 2016 wurden mehr als 37.000 Anträge auf staatliche Unterbringung in Griechenland gestellt. Es ist klar, dass mehr getan werden muss. Keinem Kind sollte das Recht verwehrt werden, mit seiner Familie aufzuwachsen. Unbegleitete Kinder sollten nicht jahrelang darauf warten müssen, mit ihren Familien in Europa wiedervereint zu werden. Stattdessen sollten die EU-Länder ihre Zusagen einhalten, unbegleiteten Kindernzügig eine humanitäre Aufnahme zu ermöglichen, und die Einheit von Familien in den Mittelpunkt ihrer Asylpolitik stellen.“

Imogen Sudbery, Direktorin für Politik und Advocacy IRC Europe, sagt:

„Kein Kind sollte an den europäischen Grenzen allein gelassen werden. Unser Bericht zeigt, dass drei Viertel der Anträge auf Familienzusammenführung abgelehnt werden. Tausende von Kindern sind mit dieser schrecklichen Realität konfrontiert. Als eine der reichsten Regionen der Welt haben die EU und ihre Mitgliedstaaten die moralische und rechtliche Verpflichtung mehr zu tun. Sie müssen sicherstellen, dass geflüchtete Kinder in Europa sicher sind und eine bessere Zukunft haben. Dafür müssen die EU und ihre Mitgliedstaaten jetzt sichere, legale Wege für Kinder zu ihren Familien in Europa schaffen. Unbegleitete Kinder in Griechenland, die nicht für eine Familienzusammenführung in Frage kommen, muss die EU schützen und in andere EU-Länder umsiedeln.“

IRC unterstützt seit 2016 unbegleitete Kinder in Griechenland und bietet seit drei Jahren eine sichere Unterkunft für Jugendliche in Athen. Das betreute unabhängige Wohnen bietet eine Alternative zu gefährlichen Unterkünften. Über 90 Prozent der unbegleiteten minderjährigen Geflüchteten in Griechenland sind 14 Jahre oder älter.