Ein Jahr nach den verheerenden Bränden und der Zerstörung des Lagers Moria zeigen neue Daten von IRC, wie eine Reihe gebrochener Versprechen der EU die psychische Gesundheit der auf den griechischen Inseln festsitzenden Menschen zerstört hat.

Unmittelbar nach den Bränden versprach die EU-Kommissarin für Inneres, Ylva Johansson, dass es „keine Morias“ mehr geben werde. Doch auch ein Jahr später sitzen noch immer rund 4.000 Menschen in einem provisorischen Lager auf der Insel Lesbos unter menschenunwürdigen und unsicheren Bedingungen fest. Neue Daten von IRC zeigen, wie sehr dies die psychische Gesundheit der Bewohner*innen beeinflusst. Zum jetzigen Zeitpunkt leiden 93 Prozent der Klient*innen unter Angstzuständen. 96 Prozent berichten von Depressionen, ein dramatischer Anstieg im Vergleich zu 84 Prozent aus dem letzten Jahr.

Griechenland bringt Asylsuchende weiterhin unter menschenunwürdigen Bedingungen unter, die sich nachweislich negativ auf ihre psychische Gesundheit und ihr Wohlbefinden auswirken. Es gibt keinerlei Anzeichen dafür, dass Griechenland seine Abschottungspolitik beenden wird, die durch das EU-Türkei-Abkommen von 2016 besiegelt wurde. Pläne zum Bau neuer, von der EU finanzierter Einrichtungen in abgelegenen Ecken der griechischen Inseln drohen Asylsuchende in de-facto-Gefängnissen einzusperren und ihre Chancen auf Integration zu zerstören.

Derzeit stammen 63 Prozent der auf Lesbos festsitzenden Geflüchteten und Asylbewerber*innen aus Afghanistan, wo sich die politische und humanitäre Krise immer weiter zuspitzt. Afghan*innen machen auch 63 Prozent der IRC-Klient*innen aus, die durch das IRC-Programm für psychische Gesundheit auf Lesbos unterstützt werden. Von ihnen leiden 95 Prozent an Depressionen.

Dukas Protogiros, IRC-Psychologe auf Lesbos, sagt:

„IRC bietet Geflüchteten auf Lesbos seit 2018 Unterstützung im Bereich der psychischen Gesundheit an. In dieser Zeit beobachten wir durchgehend ein schockierendes Ausmaß an posttraumatischen Belastungsstörungen, Depressionen und Angstzuständen. Es sollte undenkbar sein, dass eine solche Situation seit Jahren andauert und dass Menschen in Europa bis heute unter solch erniedrigenden und gefährlichen Bedingungen ausharren müssen.

Ein Jahr nach dem Brand, der das Leben von 10.000 Menschen verwüstet hat, sind die Menschen immer noch unter unwürdigen Lebensbedingungen gefangen. Viele der in Griechenland lebenden Geflüchteten kommen aus Afghanistan. Anstatt sich auf eine langfristige Reaktion vorzubereiten, die den Schutz der Geflüchteten in den Mittelpunkt stellt, fahren Griechenland und die EU fort, die Menschen abzuschotten.

In abgelegenen Gebieten der Inseln werden die Menschen Berichten zufolge durch Videoüberwachung, Drohnen und Röntgengeräte beobachtet. IRC ist äußerst besorgt, dass dies die psychischen Erkrankungen noch weiter verschlimmern wird, unter der so viele der Menschen bereits leiden.“


IRC hat seine Arbeit in Griechenland im Jahr 2015 aufgenommen. Was als Nothilfe auf der Insel Lesbos begann, weitete sich schnell auf Thessaloniki und dann auch auf Camps auf dem Festland aus. Derzeit ist IRC in Lesbos, Chios, Samos und Athen tätig.