Wenn Deutschland am 1. Juli die Ratspräsidentschaft der Europäischen Union übernimmt, muss eine Antwort auf die COVID-19-Pandemie gefunden werden, welche die Bedürfnisse der Schwächsten - darunter Asylsuchende und Geflüchtete - in den Vordergrund stellt, fordert International Rescue Committee (IRC).

Deutschland muss die nächsten sechs Monate nutzen, um eine starke europäische Führungsrolle bei der globalen Reaktion auf das Coronavirus sicherzustellen. Die kommenden Monate werden von entscheidender Bedeutung sein: Es gilt ein beispielloses Rettungspaket auszuhandeln, das im nächsten mehrjährigen Finanzrahmen des Haushalts der Europäischen Union berücksichtigt wird. Es ist ein wichtiges Signal, dass Kommissionspräsidentin von der Leyen entschlossen ist, in den Wiederaufbau besserer, inklusiverer Gesellschaften zu investieren. Aber diese bessere Zukunft kann nicht in Isolation vom Rest der Welt erreicht werden. Die EU muss sich auch dazu verpflichten, Menschen in von Krisen betroffenen Ländern zu unterstützen wo die Pandemie verheerende soziale, wirtschaftliche und politische Folgen hat. Dazu gehört auch, sicherzustellen, dass die Reform der EU-Migrationspolitik weiterhin fest auf der Tagesordnung steht.    

Der lang erwartete EU-Pakt zu Migration und Asyl wird unter der deutschen Ratspräsidentschaft veröffentlicht werden. Wir begrüßen, dass sich die Bundesregierung im Programm für die Präsidentschaft zu einer ehrgeizigen Reform des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems und einem Ausbau der Resettlement-Kapazitäten der EU verpflichtet hat. Dieser Reform muss die Verpflichtung zugrunde liegen, dass Menschen und nicht die Grenzen im Mittelpunkt der EU-Politik stehen. Der Einfluss Deutschlands wird entscheidend dafür sein, ob es der EU gelingt den lange versprochenen „Neuanfang“ in Bezug auf Migration umzusetzen – dazu gehört zentral der Anspruch, die Rechte und die Würde von Geflüchteten und Migrant*innen zu wahren und die EU-Mitgliedstaaten bei der Aufnahme und Integration von Zuwander*innen zu unterstützen.  

Dazu sagt David Miliband, Präsident und CEO des International Rescue Committee:  

„Es könnte kaum eine turbulentere Zeit für Deutschland geben, diese rotierende Präsidentschaft zu übernehmen. Es ist unglaublich wichtig, dass es Deutschland gelingt, sich den Herausforderungen von COVID-19 zu stellen - nicht nur für Europa, sondern für die ganze Welt.“   

„Wir stehen vor einer beispiellosen Krise in unserer Welt, in der wir alle miteinander vernetzt sind. Eine starke, entschlossene europäische Führung ist jetzt wichtiger denn je. Die Bundesregierung zeigt im UN-Sicherheitsrat wahre Führungsstärke. Wir hoffen, dass sie ihren Einfluss nutzen wird, um sich für angemessene humanitäre Hilfe und diplomatische Lösungen in fragilen und von Konflikten betroffenen Staaten auf der ganzen Welt einzusetzen.“  

„Wir beobachten mit Sorge, dass sich Staaten auf der ganzen Welt von ihren humanitären und rechtlichen Verpflichtungen zurückziehen. Daher muss die EU das Recht auf einen Asylantrag verstärken und verteidigen. Der EU-Pakt zu Migration und Asyl ist eine Gelegenheit, den europäischen Ansatz neu auszurichten. Es gilt eine starke Grundlagen für die EU zu schaffen um die Herausforderungen und Chancen von Migration und Flucht weltweit zu gestalten.“  

„1,45 Millionen Geflüchtete brauchen laut UNHCR eine direkte humanitäre Aufnahme im Rahmen von Resettlement. IRC fordert die deutsche Ratspräsidentschaft auf, dafür zu sorgen, dass die EU ihrer Verpflichtung zum Resettlement von 30.000 Geflüchteten im Jahr 2020 so nahe wie möglich kommt. Dafür muss Resettlement jetzt wieder gestartet werden. Zudem muss ein rechtlicher Rahmen auf EU-Ebene geschaffen werden, der bis 2025 das Resettlement von 250.000 Geflüchteten in die EU ermöglicht.“ 

„COVID-19 wird während dieser Ratspräsidentschaft die dringendste Herausforderung darstellen. Gerade deshalb ist es wichtig, dass der deutsche Vorsitz sicherstellt, dass neben einer umfassenden Antwort auf die schlimmsten Auswirkungen der Pandemie und klare Schritte zur wirtschaftlichen Erholung auch sicherstellt wird, dass die überfälligen Reformen in der Migrations- und Asylpolitik nicht versäumt werden.”