Erstmals steht Somalia ganz oben auf der IRC-Emergency Watchlist. Gründe dafür sind eine verheerende Dürre, gepaart mit den Auswirkungen von über 30 Jahren Konflikten, die zu einer katastrophalen Nahrungsmittelknappheit geführt haben.

IRC führt seit über einem Jahrzehnt eine jährliche Rangliste der schlimmsten Krisen. Unser Analyse-Team untersucht 67 verschiedene Indikatoren und prüft sie gemeinsam mit den Erkenntnissen der über 40.000 IRC-Mitarbeitenden und Freiwilligen, um die 20 Länder zu ermitteln, in denen das Risiko einer erheblichen Verschärfung der humanitären Lage im kommenden Jahr am größten sein wird.

Derzeit befindet sich Somalia in der fünften ausgefallenen Regenzeit in Folge. Bis Mitte 2023 werden mehr als 8 Millionen Menschen - fast die Hälfte der Bevölkerung - von akuter Ernährungsunsicherheit betroffen sein. Das Land ist von einer Hungersnot bedroht.

Was versteht man unter einer Krise der Ernährungsunsicherheit oder einer „drohenden Hungersnot” in Somalia?

Ernährungskrisen entstehen nicht von heute auf morgen. Wenn Organisationen wie IRC von einer „Krise der Ernährungsunsicherheit" oder einer „drohenden Hungersnot" sprechen, ist eine Katastrophe bereits im Gange. Es muss sofort gehandelt werden, um einen massiven Anstieg der Todesfälle zu verhindern. Es sterben bereits Kinder, weil ihre Eltern sie nicht ausreichend ernähren können.

Die Menschen sind gezwungen, schwierige Entscheidungen zu treffen. Sie müssen zum Beispiel Mahlzeiten auslassen, Kinder verheiraten oder ihren eigenen Körper verkaufen, um genug Geld zum Überleben zu haben. Kinder sind auch anfälliger für Krankheiten, da ihr Körper durch den Mangel an Nahrung geschwächt ist.

In Somalia sind mehr als 200.000 Menschen von einer katastrophalen Ernährungsunsicherheit betroffen - die schlimmste Form, die es gibt. Jeden Tag hungern Menschen und leiden dadurch an physischen Schmerzen. Ihre Körper können Krankheiten wie Durchfall, Masern oder Malaria nicht abwehren. Kinder sterben oft doppelt so häufig wie Erwachsene.

Warum droht in Somalia eine Hungersnot?

Dies ist keine „Naturkatastrophe”. Der vom Menschen verursachte Klimawandel hat die Anzahl und Schwere von Dürren erhöht, jahrzehntelange Konflikte haben die Infrastruktur des Landes erheblich geschwächt. Zudem haben die Auswirkungen des Klimawandels auf die eigene Nahrungsmittelproduktion Somalias dazu geführt, dass das Land in großem Maße von Getreideimporten, insbesondere aus der Ukraine und Russland, abhängig ist.

„Wenn diese schwere Dürre anhält, wird keiner von uns überleben”, sagt die 80-jährige Hawo*. „Die Dürre wird sowohl die Tiere als auch die Menschen erfassen.Dürren sind nicht neu für mich, aber dies ist die schlimmste, die ich bisher erlebt habe.”
Foto: Horn Connect/IRC

„Neben einem andauernden Bürgerkrieg erlebt Somalia die schlimmste Dürre seit 40 Jahren ", sagt Abdirashid Adan Mohamed, ein IRC-Mitarbeiter aus dem Gesundheitsteam. „Die Dürre hat zu massiven Vertreibungen, örtlich begrenzter Hungersnot, epidemischen Krankheitsausbrüchen und Unterernährung geführt.”

„All dies geschieht vor dem Hintergrund eines sich verschlechternden sozialen Sicherheitsnetzes und eines schwachen Gesundheitssystems. Gemeinsam mit meinem Team arbeiten wir hart daran, den gefährdeten Gemeinschaften wichtige Gesundheitsdienste zur Verfügung zu stellen."