Mit vollem Engagement und – das ist in den vergangenen Wochen deutlich geworden – auch mit großer Opferbereitschaft setzt sich medizinisches Personal während der Corona-Pandemie für die Patient*innen ein.

21.000 Kolleg*innen arbeiten für International Rescue Committee in Gesundheitsprogrammen. Jetzt stehen sie an vorderster Front. Sie arbeiten, um eine weitere Verbreitung des Coronavirus zu verhindern und helfen, um besonders schutzbedürftige Menschen vor einer Ansteckung mit COVID-19 zu bewahren: Geflüchtete – Männer, Frauen und Kinder, die vor politischen Krisen, Krieg, Verfolgung oder Naturkatastrophen fliehen mussten. Vier unserer Mitarbeiter*innen erzählen von ihrer Arbeit, wie das Coronavirus ihren Alltag verändert hat und woher sie ihre Hoffnung nehmen.

Am besten ist: Wir arbeiten als Team, um Menschen zu helfen.

Arzt in Bangladesch demonstriert wie man richtig Handschuhe anzieht
Dr. Mahmud zeigt Gesundheitspersonal und Freiwilligen in einer unserer Gesundheitseinrichtungen in Bangladesch, wie man Handschuhe richtig anzieht.
Foto: Maruf Hasan/IRC

Name: Dr. Mahmudul Hossain

Beruf: Arzt und klinischer Leiter der IRC-Gesundheitsstation

Ort: Flüchtlingslager Cox Bazar, Bangladesch

Wie hat sich Ihre Arbeit während der Corona-Pandemie verändert?

Dr. Hossain: Die Arbeit hat sich stark verändert. Menschen haben in Krisenzeiten mehr Angst als sonst. Im Moment fürchten sie sich besonders vor sozialer Isolation. Ärzt*innen und andere Mitarbeiter*innen im Gesundheitswesen stehen während der COVID-19-Krise an vorderster Front. Sie sind besonders gefährdet: körperlich und mental. Zum einen sehen sie sich in der Pflicht ihre Patient*innen zu betreuen. Zum anderen sorgen sie sich aber auch um ihre eigene Gesundheit sowie die Gesundheit ihrer Familie und Freund*innen. Deshalb bieten wir inzwischen täglich Schulungen an – sowohl zum Stressmanagement, zur Sensibilisierung, der Pflege von Bedürftigen als auch zur Infektionsprävention und der Frage, wie wir persönliche Schutzausrüstungen anlegen.

Was ist das Erfreulichste an ihrer Arbeit?

Dr. Hossain: Wir freuen uns darüber, dass wir arbeiten und damit jeden Tag Gutes bewirken können. Das Beste ist wohl, dass sich die Lebensperspektive unserer Mitarbeiter*innen ändert. Wir arbeiten als Team, um Menschen zu helfen.

Was gibt Ihnen Hoffnung für ihre Arbeit?

Dr. Hossain: Der Ausbruch der weltweiten Pandemie hat schon einige unglaubliche Momente geschaffen, während wir weltweit versuchen, uns an diese neue Lebensweise anzupassen. Dabei kann es schwierig sein, seine positive Einstellung zu behalten – vor allem, wenn man abgeschottet zu Hause unter Quarantäne leben muss. Aber wenn wir das Coronavirus gemeinsam bekämpfen, dann können wir hoffentlich etwas bewirken.

Zu Hause muss ich mich isolieren. Ich muss verhindern, dass ich das Virus, mit dem ich mich vielleicht bei der Arbeit angesteckt habe, an meine Frau übertrage. Das ist sehr schwer. Aber es ist es wert: Durch meine Arbeit kann ich vielen Menschen helfen.

IRC Arzt mit Mundschutz in Jordanien
Dr. Hazem in einer IRC-Klinik. Unsere Gesundheitskliniken in Jordanien, auch in den Flüchtlingslagern von Azraq und Za'atari, bleiben trotz Ausgangssperre geöffnet.
Foto: IRC

Name: Dr. Hazem Nusairat

Beruf: Arzt in der IRC-Klinik im Flüchtlingslager Za‘atari

Land: Jordanien

Wie hat sich Ihre Arbeit während der COVID-19-Pandemie verändert?

Normalerweise ging ich immer morgens um 6.30 Uhr in unsere Klinik im Lager Za‘atari, wo wir syrische Geflüchtete unterstützen. Jetzt herrscht in Jordanien eine Ausgangssperre. Unsere Reisezeiten wurden begrenzt. Ich kann erst eine Stunde später das Haus verlassen. Dann fahre ich anderthalb Stunden bis zur Klinik. Ich behandele etwa 30 Patient*innen. Dazu kommen telefonische Beratungen für Ältere und chronisch Kranke. Und wir haben mit der Hilfe von Freiwilligen einen Medikamenten-Lieferdienst eingerichtet

Für mich persönlich ist die Situation eine Herausforderung. Meine Frau ist im neunten Monat schwanger. Zu Hause muss ich mich deshalb von ihr isolieren, muss verhindern, dass ich das Virus, mit dem ich mich vielleicht bei der Arbeit angesteckt habe, an sie übertrage. Ich kann sie nicht umarmen oder von Angesicht zu Angesicht mit ihr sprechen, da wir die Abstandsregelung einhalten müssen. Das ist sehr schwer. Aber es ist es wert: Durch meine Arbeit kann ich vielen Menschen helfen. 

Was ist das Erfreulichste an ihrer Arbeit?

Dass ich humanitäre Hilfe leiste, gibt mir ein Gefühl der Zufriedenheit. Ich betrachte mich als privilegiert: Ich habe die Möglichkeit, Menschen, die Hilfe brauchen, auch in diesen schwierigen Zeiten weiterhin zu unterstützen.

Was gibt Ihnen Hoffnung für ihre Arbeit?

Das Glück und die Gesundheit der Menschen: Das gibt mir Hoffnung! Ich möchte all jenen danken, die mithelfen und ihre Unterstützung anbieten – hier vor Ort und anderswo.

Die Tatsache, dass wir auch aus der Ferne noch helfen können, ist sowohl für die Menschen hier als auch uns sehr wichtig.

Mitarbeiterin im Gesundheitswesen: Kiki Michailidou

Beruf: Psychiaterin

Land: Griechenland

Wie hat sich Ihre Arbeit während der COVID-19-Pandemie verändert?

Die Gesundheit unserer Mitarbeiter*innen und Patient*innen hat für uns oberste Priorität. Deshalb mussten wir einige Anpassungen vornehmen, um sicherzustellen, dass niemand einem zu großen Risiko ausgesetzt ist. Wir führen jetzt Telefon- oder Videositzungen durch. Aufgrund des unzureichenden Netzwerksignals im Flüchtlingslager Moria ist das sehr schwer. Die Menschen hier haben nicht immer Zugang zu einem Mobilfunknetz oder Wi-Fi. Aber sie versuchen es. Wir stellen ihnen dafür Guthaben zur Verfügung, damit sie die Telefonkosten decken können. Wenn wir im Büro arbeiten, tun wir dies in kleinen Gruppen. Wir tragen Schutzkleidung (Masken und Handschuhe) und desinfizieren alle Büroflächen. Wir versuchen, uns gegenseitig zu unterstützen. Gerade in der Psychiatrie ist es wichtig, auch die eigene Moral hoch zu halten.

Was ist das Erfreulichste an ihrer Arbeit?

Nach den Unruhen auf Lesbos Anfang März und den teilweise gewaltsamen Übergriffen auf Mitarbeiter*innen von Hilfsorganisationen, mussten viele dieser Organisationen ihre Arbeit hier einstellen. Die Geflüchteten, Migrant*innen und Asylsuchenden fühlten sich allein gelassen. Dann kam COVID-19. Dass wir nun unsere Patient*innen im Rahmen unserer Fernsprechstunde weiter unterstützen können, ist da sehr wichtig. Ich bin sehr stolz auf mein Team und das positive Feedback, das wir bislang erhalten haben. 

Was gibt Ihnen Hoffnung für ihre Arbeit?

Wenn unsere Patient*innen wieder genesen, wenn sich ihr Zustand dank unserer Arbeit verbessert – das gibt mir Hoffnung und Motivation für die Arbeit mit Menschen, die in ihrem Leben extrem großes Leid erfahren haben.

Als Ärztin mit Migrationshintergrund habe ich selber schon schlimme Erfahrungen gemacht. Ich glaube, dass ich mich dadurch in schwierigen Situationen besser zurechtfinden kann.

Name: Dr. Edna Patricia Gomez

Beruf: Ärztin in einer IRC-Klinik für sexuelle und reproduktive Gesundheit

Land: Cúcuta, Kolumbien, ursprünglich aus Venezuela

Wie hat sich Ihre Arbeit während der COVID-19-Pandemie verändert?

Ich habe gemerkt, dass wir uns in dieser schwierigen Zeit zwar viel selbst helfen können, gleichzeitig aber auch sehr verwundbar sind. Aufgrund von Quarantänemaßnahmen mussten wir neue Strategien entwickeln, um mit unseren Programmen möglichst viele venezolanische Migrant*innen zu erreichen. Während eines Arztbesuchs kann man so gut wie keine körperliche Distanz einhalten, vor allem nicht, wenn den Ärzt*innen nur sehr wenige Ressourcen zur Verfügung stehen, um eine optimale Versorgung zu gewährleisten. Nun führen wir Online-Beratungen und Telefonsprechstunden durch. Das wäre früher undenkbar gewesen.

Was ist das Erfreulichste an ihrer Arbeit?

Ich freue mich, dass ich anderen Venezolaner*innen, die nicht so viel Glück hatten wie ich, helfen kann. Sie sind sehr verwundbar. Sie haben nicht die Möglichkeit, selbst für ihren Lebensunterhalt zu sorgen und ihr Überleben zu sichern.

Was gibt Ihnen Hoffnung für ihre Arbeit?

Als Ärztin mit Migrationshintergrund habe ich selber schon schlimme Erfahrungen gemacht. Ich glaube, dass ich mich dadurch in schwierigen Situationen besser zurechtfinden kann. Deshalb hoffe ich, dass wir in meinem Team aufgrund unserer beruflichen und persönlichen Qualifikationen zusammen all unseren Patient*innen und ihren Familien helfen und ihnen die bestmögliche Betreuung bieten können.