Selbst Länder mit gut ausgebauten Gesundheitssystemen sind mit der Coronavirus-Pandemie überfordert. Während es mancherorts in Europa und den Vereinigten Staaten an Beatmungsgeräten, Intensivstationen (ICUs) und Schutzausrüstung mangelt, fehlen solche kritischen Güter an Orten, die von Krisen und Konflikten betroffen sind. Dies ist nicht die einzige Herausforderung für Krisenländer wie Syrien, Jemen und Südsudan. Sie stehen vor einer „doppelten Herausforderung“: die gesundheitlichen Folgen von COVID-19 führen zu einem Dominoeffekt, der verheerende Auswirkungen auf Frieden und Sicherheit, politische und wirtschaftliche Stabilität hat.

Das Coronavirus ist in vielen Konfliktgebieten noch nicht flächendeckend ausgebrochen. Jedoch schließt sich das kurze Zeitfenster, das der internationalen Gemeinschaft zum raschen Handeln bleibt. Hier sind fünf fragile Staaten, in denen die weitere Verbreitung von COVID-19 verheerende Folgen haben würde:

Syrien

Die Ausbreitung des Coronavirus in Syrien könnte zu einem der tödlichsten Ausbrüche der Welt führen. Neun Jahre Konflikt haben das syrische Gesundheitssystem weitestgehend zerstört. Allein im letzten Jahr gab es Angriffe auf 85 Gesundheitseinrichtungen im Norden des Landes. Im Nordwesten, wo die Kämpfe zur größten Vertreibung von Zivilist*innen geführt haben, kommen auf eine Bevölkerung von 1,5 Millionen nur 105 Betten auf der Intensivstation und 30 Beatmungsgeräte für Erwachsene. Fast alle davon sind bereits in Gebrauch.

Aufgrund eines Mangels an Nahrung und sauberem Wasser sowie der Kälte, ist der Gesundheitszustand von hunderttausenden Menschen bereits schlecht. Sie sind damit noch anfälliger für Krankheiten wie COVID-19, die sich schnell ausbreiten.

„Aufgrund eines Mangels an Nahrung und sauberem Wasser sowie der Kälte, ist der Gesundheitszustand von hunderttausenden Menschen bereits schlecht. Sie sind damit noch anfälliger für Krankheiten wie COVID-19, die sich schnell ausbreiten, sagt Misty Buswell, IRC-Regionaldirektorin für den Nahen Osten.

Jemen

Nach fünf Jahren Krieg herrscht in Jemen derzeit die größte humanitäre Krise der Welt. Nur die Hälfte der jemenitischen Krankenhäuser sind funktionsfähig. 18 Millionen Menschen haben keinen Zugang zu angemessener Hygiene, Wasserversorgung oder sanitären Einrichtungen.

Wenn es uns nicht gelingt, das Virus in Jemen einzudämmen, riskieren wir unschätzbares Leid.

Während ein Ende der Gewalt dringend notwendig ist, gehen die Kämpfe weiter; nachdem sich die Konfliktparteien auf einen Waffenstillstand einigten, um die Verbreitung von COVID-19 einzudämmen, brachen sie diesen nach zwei Tagen. Am Gründonnerstag beschlossen sie erneut einen zweiwöchigen Waffenstillstand. Dazu sagt Tamuna Sabadze, IRC-Landesdirektorin in Jemen: „Wenn es uns nicht gelingt, das Virus in Jemen einzudämmen, riskieren wir unschätzbares Leid.“

Venezuela

Hunger, Instabilität und Gewalt haben seit 2014 über 4,7 Millionen Menschen aus Venezuela vertrieben - unter ihnen die Hälfte der Ärzte des Landes. Neunzig Prozent der venezolanischen Krankenhäuser fehlt es an kritischer Ausstattung. Es gibt nur 84 Betten auf Intensivstationen für eine Bevölkerung von 32 Millionen Menschen.

Die Lage in Venezuela ist schrecklich.

„Die Lage in Venezuela ist erschreckend,“ berichtet Marianne Menjivar, IRC-Landesdirektorin für Venezuela und Kolumbien. „Aufgrund der geschlossenen Grenze zu Kolumbien droht Millionen von Venezolaner*innen eine weitere Verschlechterung der Wirtschaftslage sowie zusätzliche Einschränkungen bei öffentlichen Dienstleistungen.“

Südsudan

„Die Menschen im Südsudan sind seit sechs Jahren mit einem schrecklichen Krieg, Hungersnot und einer zusammengebrochene Wirtschaft konfrontiert,“ sagt Caroline Sekyewa, IRC-Landesdirektorin in Südsudan. Weniger als die Hälfte der Gesundheitseinrichtungen des Landes sind einsatzbereit.

Die Menschen im Südsudan sind seit sechs Jahren mit einem schrecklichen Krieg, Hungersnot und einer zusammengebrochene Wirtschaft konfrontiert

Bei einer Bevölkerung von 11,7 Millionen Menschen verfügt das Land nur über vier Beatmungsgeräte und 24 Betten auf der Intensivstation. Bei einer Unterbrechung lebensrettender humanitärer Programme durch COVID-19 droht im Südsudan und in anderen Ländern mit hoher Unterernährung eine Hungersnot.

Burkina Faso

Der westafrikanische Staat Burkina Faso hat nur 11 Beatmungsgeräte für eine Bevölkerung von 20,9 Millionen Menschen. Gewalt und Konflikte haben fast eine halbe Million Menschen zur Flucht aus ihrer Heimat gezwungen, während bewaffnete Milizen weiterhin Teile des Landes kontrollieren.

Seit letzten Jahr sehen wir eine starke Zunahme bewaffneter Angriffe durch Milizen in Burkina Faso. Der aktive Konflikt erschwert unsere Bemühungen, die weitere Verbreitung von COVID-19 einzudämmen.

„Seit letzten Jahr sehen wir eine starke Zunahme bewaffneter Angriffe durch Milizen in Burkina Faso. Der aktive Konflikt erschwert unsere Bemühungen, die weitere Verbreitung von COVID-19 einzudämmen. So etwas haben wir schon bei unserem Ebola-Einsatz in der Demokratischen Republik Kongo gesehen,“ sagt Bob Kitchen, IRC-Vizepräsident und Leiter der humanitären Soforthilfe.

Welche Maßnahmen sind nötig?

Eine neue Studie von IRC untersucht die möglichen Auswirkungen des Coronavirus in Krisengebieten und zeichnet ein düsteres Bild. „Ausmaß, Schwere und Geschwindigkeit des COVID-19-Ausbruchs werden in Ländern, die von Konflikten und Krisen betroffen sind, noch verstärkt,” kommentiert IRC-Präsident und CEO David Miliband. „Die doppelte Krise erfordert eine doppelte Antwort.“

In einer Pressemitteilung vom 9. April hebt Miliband zwei wichtige Handlungsempfehlungen für globalen COVID-19-Einsatz hervor:

„Sollten wir jetzt scheitern“, so Miliband, „werden nicht nur die besonders schutzbedürftigen Menschen den Preis für die Untätigkeit der internationalen Gemeinschaft zahlen. Die Folgen werden noch Jahre, wenn nicht Jahrzehnte, auf der ganzen Welt zu spüren sein.“

Wie hilft IRC?

International Rescue Committee arbeitet in drei Schlüsselbereichen: Maßnahmen zur Eindämmung der weiteren Ausbreitung des Coronavirus in besonders gefährdeten Bevölkerungsgruppen, Schutz der IRC-Mitarbeiter*innen und Fortführung unserer lebensrettenden humanitären Programme in mehr als 40 Ländern weltweit. Erfahren sie mehr über unseren Einsatz

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