Die Zahl der COVID-19-Neuansteckungen steigt weltweit. Damit vergrößern sich auch die mit der globalen Pandemie einhergehenden Herausforderungen: Wirtschaftliche Rezession, Arbeitsplatzverlust, Hunger.

Besonders jetzt wird deutlich, welch schwerwiegende Auswirkungen ungleiche Verteilung von Reichtum und Ressourcen, Gewalt und politische Instabilität haben können und wie benachteiligt Menschen sind, die in klimatischen Risikozonen leben. Seit Beginn der COVID-19-Pandemie analysiert International Rescue Committee (IRC) die primären und sekundären Auswirkungen der globalen Gesundheitskrise auf das Leben schutzbedürftiger Menschen. Das Ergebnis in den 40 IRC-Einsatzländern ist eindeutig: Fragile und von Konflikten betroffene Regionen sehen sich mit überwältigenden Herausforderungen konfrontiert – von unzureichender Gesundheitsinfrastruktur, über Nahrungsmittelverknappung bis hin zur weiteren Gefährdung von Frauen und Mädchen aufgrund von häuslicher und geschlechtsspezifischer Gewalt.

Amina ist 24 Jahre alt und lebt in einem Vertriebenenlager in Mogadischu. Ihre fünf Kinder werden in einer IRC-Klinik auf Unterernährung behandelt. Vor der COVID-19-Pandemie arbeitete Amina als Wäscherin. "Ich trage Maske, aber viele wollen jetzt niemanden im Haus haben. Ich kann meine Kinder nicht mehr ernähren.“
Foto: Harrison Thane / IRC

Gemeinsam mit dem Auswärtigen Amt hat IRC deshalb ein global aufgesetztes COVID-19-Nothilfe-Programm gestartet, in dem von Juli bis Dezember 2020 Projekte in insgesamt 12 Ländern realisiert werden. Ziel ist es, die Verbreitung von COVID-19 einzudämmen und lebensrettende Gesundheitsdienste bereitzustellen. Gleichzeitig werden Betroffene bei der Sicherstellung ihrer Existenzgrundlage unterstützt. Diese ist aufgrund der Pandemie und einhergehenden Einschränkungen vielerorts bedroht.

„Die deutsche Bundesregierung und das Auswärtige Amt haben hier eine internationale Vorreiterrolle übernommen“, erklärt Ralph Achenbach, Geschäftsführer von IRC in Deutschland. Die Bereitstellung von zusätzlichen Mitteln zur Förderung der Arbeit von Nichtregierungsorganisationen sei sehr wichtig. „Aufgrund der langjährigen Erfahrung von IRC in den jeweiligen Ländern können wir dort Hilfe leisten, wo sie am dringendsten benötigt wird. Gerade in diesen Zeiten ändern sich Bedarfe jedoch schnell. Deshalb sind ein hoher Grad an Flexibilität und vereinfachte administrative Abläufe besonders wichtig. All dies berücksichtigt das Auswärtige Amt im Rahmen der globalen COVID-19 Nothilfe von IRC. Das ist zukunftsweisend.“

Das Gesamtprojekt wird vom Auswärtigen Amt mit insgesamt 8,8 Millionen Euro gefördert. Dabei werden Maßnahmen in Afghanistan, Bangladesch, Burkina Faso, Kamerun, Kolumbien, der Demokratischen Republik Kongo, Kenia, Nigeria, Pakistan, Somalia, Südsudan und Jemen umgesetzt. Mehr als 4 Millionen Menschen profitieren davon. Um größtmöglichen Nutzen zu gewährleisten, werden die Gelder bedarfsspezifisch dort eingesetzt, wo Unterstützung am dringendsten benötigt wird.

Sohalia Khaliqi engagiert sich in der Aufklärungs- und Präventionsarbeit in der afghanischen Provinz Herat. Hier sind die Menschen besonders hart von der COVID-19-Pandemie betroffen. Die IRC-Mitarbeiterin klärt Frauen und Männer sowie deren Familien über die Krankheit auf und zeigt, wie sie sich und ihre Angehörigen schützen können.
Foto: IRC

„Die Pandemie hat bereits bestehende Treiber humanitärer Notlagen noch mal verstärkt. Besonders betroffen aber sind jene, die schon vor Corona unter humanitärer Not litten: Flüchtlinge, Hungernde, von Katastrophen und bewaffneten Konflikten Betroffene. Deshalb muss unsere humanitäre Hilfe besonders flexibel sein, um ihre Ziele zu erreichen: Leben zu retten und die Würde von Menschen in Not zu wahren. Es geht darum, kurzfristig das Schlimmste zu verhindern und dabei mittel- bis langfristig schon an den nachhaltigen Wiederaufbau zu denken“, sagt Sibylle Katharina Sorg, Leiterin der Abteilung Krisenprävention, Stabilisierung, Konfliktnachsorge und Humanitäre Hilfe im Auswärtigen Amt.

Um die Ausbreitung von COVID-19 weiter einzudämmen, setzt IRC mit Unterstützung des Auswärtigen Amts deshalb eine Reihe von Maßnahmen um: Menschen, die in den beteiligten Gemeinden leben, werden aufgeklärt und sensibilisiert. Es werden Hygiene-Kits verteilt – darunter auch persönliche Schutzausrüstung. Handwaschstationen werden installiert sowie Infektionsprävention und -kontrolle inklusive Monitoring und Rückverfolgung möglicher Kontaktpersonen durchgeführt. Darüber hinaus wird die allgemeine Wasser- und Sanitärversorgung verbessert und es werden Geldleistungen oder Gutscheine verteilt, damit Betroffene ihre dringendsten humanitären Grundbedarfe decken können. Aufgrund der Flexibilität als auch der überregionalen Struktur kann IRC auf Bedarfe schnell und effektiv reagieren.

Aus vorherigen Einsätzen zur Kontrolle von Gesundheitskrisen konnte IRC wertvolle Erfahrung sammeln. So engagiert sich die Hilfsorganisation seit 1996 in der Demokratischen Republik Kongo und unterstützt dort Gemeinden und lokale Behörden bei der Bekämpfung der Ebola-Epidemie. Vor allem im Osten des Landes hat sich die Lage für die Bevölkerung dramatisch verschlechtert. Über 4,3 Millionen Menschen sind auf humanitäre Hilfe angewiesen – das ist ein Anstieg von 250 Prozent. Insbesondere Frauen und Mädchen leiden dabei unter den wirtschaftlichen Folgen sowie dem Anstieg von Gewalt. Borry Jatta, Landesdirektor von IRC in der Demokratischen Republik Kongo erklärt: „Das Land ist wieder mit einer verschärften Notlage konfrontiert. Erste Untersuchungen deuten darauf hin, dass COVID-19 die verheerenden Auswirkungen für die besonders Schutzbedürftigen noch verschlimmern könnte.“

Mit mobilen Gesundheitsteams unterstützt IRC in Kolumbien schutzbedürftige Geflüchtete. In einem Versorgungszentrum in Cúcuta nahe der Grenze zu Venezuela wurden zusätzliche Maßnahmen eingeführt, um medizinisches Personal und Patient*innen vor einer Ansteckung mit dem Virus zu schützen.
Foto: Schneyder Mendoza / IRC

Marianne Menjivar, IRC-Landesdirektorin für Kolumbien und Venezuela, weiß wie immens wichtig diese Hilfen vor allem für Geflüchtete und ihre Familien sind. Aufgrund der Pandemie und den damit zusammenhängenden Quarantäne- und Abstandsregelungen konnten geflüchtete Venezolaner*innen kein regelmäßiges Einkommen mehr erzielen. Tausende machten sich deshalb wieder auf den Heimweg. Doch dann wurde die Grenze zu Kolumbien geschlossen. IRC stellte schnell Teams aus Ärzt*innen und Pfleger*innen zusammen, um die gestrandeten Geflüchteten zu versorgen. „Das ist etwas, dem wir noch nie so begegnet sind,“ erklärt Menjivar. „Es gibt so viel, was wir über die Krankheit nicht wissen. Deshalb ist nun höchste Zeit: Wir müssen endlich alle an einem Strang ziehen.“

Besonders großen Wert legt IRC bei der Umsetzung der Projekte auf die